bevor
Ihr Mund unterwegs im Mergelland
Grenzrouten durchkreuzen den Weg
es liegt Heu in der Luft
Mozartkugeln aus Stroh
und Duft spielen froh
in den Feldern
springen Sonnen
Wolken
Lücken
von Hügel zu Hügel
mancher Kirchturm will
zu hoch hinaus.
Ihr Mund
eine wilde
Blumenwiese
bevor
du sie mähtest.
(©IW, 2023)
auflandig
mit der kühlen Brise der See
zieht Nebel auflandig dich zu
raubt dir die Luft
zum Atmen
bleibt
kaum mehr Zeit
weißt du noch wie Mauersegler
um dein Gemäuer kreischten
und die Amseln sangen ihnen
von der Milde des Abends
wir zählten die Sterne
über den Dächern
während es dunkelte
es gibt Lerchen und Eulen
unter den Menschen
heißt es
du bist morgens schon müde
abends dann auch
und ich von dir
weißt du noch?
Nebel
auflandig
(©IW, 2023)
in Pergamentstunden
blättert sie
zurück zu dir
malt Nass-in-Nass
sich aus
wie lindgrün
deine Hände
hätten
sein
können
wenn nicht
halbvoll nur
dein Mond
auch sonnentags
mit geschlossenen Lidern
zeichnen
feine Fingerspitzen
Lebenslinien nach
in deiner Sepiahand
aus Pergament
Stunden lang
die schwarzen Wimpern
schlagen seh'n
hinter getuschte Worte geh'n
kein "gute Nacht"
das bis zum Morgen
Grauen ferne hält
sehenden Auges
summen heute
ihre vollen Lippen mild
ein Lullaby
(©IW, 2022)
Ebbe. immerfort
weit und breit
bewölkter Strand
in unseren Augen
die scheidende Sicht
Münder werfen sich Algen zu
wir springen von Stein zu Stein
kein Souvenir
ein Minenfeld;
ich sammle verstreute Splitter
ein und räume
mich Meer
und mehr
aus dem Weg
(©IW, 2022)
selbstlos
immer wird sie
wohl wissend dass
du widersprichst
keine Hoffnung
sagst du
wie wahr:
sie hofft nicht
sondern liebt
mehr nicht
(©IW, 2022)
eisernes Schweigen
Einst schwiegst du
dich zu ihr hin
längst schweigst du
sie von dir fort.
Die unüberhörbare Stille
von ihr ganz bestimmt
mit ruhiger Hand liebevoll
dir in den Mund gelegt ihm
gewissenhaft anvertraut
als tödlicher Dolch
vollbringt er sein Werk.
(©IW, 2020)
Freiheit. Sehr subjektiv.
Um deinen Hals
kein Mühlstein
nur eine Kette
aus Gold
zartgliedrig Liebes
Zeichen von ihm.
An deinem Hals
diese zierliche Kette
unüberwindbare Hürde
zwischen deiner
Freiheit
und meiner.
(©IW, 2020)
bilingual
Wie könnte sie je
mit mir reden
unverbindlich
über alles Mögliche
wenn ich am liebsten
schweigen möchte
um mit ihr zu sprechen
um über Berührungspunkte
sprachlos
in jedem einzelnen Moment
neu möglichst alles zu sagen
verbindlich und doch weit
darüber hinaus?
(©IW, 2020)
Inzwischen
Es legt sich ein Und?
zwischen A und Z.
Wir hatten uns allzu oft
durchbuchstabiert
auseinander gesetzt
am verbindlichen Tisch
bei Kaffee und Wein
Marotten zersägt wie Balken
im Auge des Nächsten;
das unverdauliche Holz
ertrugen wir meist in den Keller
viel häufiger fehlten
der Wohnung die Worte.
Eines Morgens füllt nichts
den Inzwischenraum;
ich lehne mich hell an die Stille
mein Atem regt sanft die Gardinen
bewegt sich - und mich.
(©IW, 2019)
des Henkers Seide
Am seidenen Faden
hängt
das Schimmern goldener Tage
im luftleeren Raum.
Unsagbar leis'
dehnt sich darin das WortLos aus
legt sich als Négligé
auf ihren kargen Mund
verhüllt vor mir was niemals wird
zu still ist sein Geheimnis
es stillt nicht mehr
den unbändigen Durst.
Im nächtlichen ZuGewand(t)
drehe ich mir aus der hauchdünnen Seide
den Henkersstrick
für die Sinnlosigkeit meiner Hoffnung.
(©IW, 2019)
verschwiegen
Sie dachte
mit deinen Augen
fühlte
mit deinem Mund
der ihr so oft sagte
was sie selbst längst wusste
sogar zuletzt
als deine AnSicht
nicht lesen konnte
was ihre wieder
mit dir teilte.
(©IW, 2019)
Mäander
Kaum hat der Tag die Nacht berührt
errötend mich entführt
an den Gedankenfluss
verspricht mir dein Gesicht
ganz dicht an dicht
auf einer Nebelbank
Genuss.
Ideen mäandern sanft und südlich
schwimmt die Zeit mit uns
verschlossen hinter Lidern;
ich tauche in dir ab
du atmest für mich mit
dein Zittern weckt mich
nicht mehr auf.
(©IW, 2019)
wilde Triebe
Das Jahr steht im Zenit
es geht hoch her
am Brunnen vor dem Tore
du wehst im Rosengarten
auf mich zu
aus deinen Augen rieselt Schnee
auf seine Pracht
treibt meine wilden Blüten
aus der Fantasie
wir stachen uns daran
die Nähe wund.
(©IW, 2019)
wir sind. ganz ohr
haut nah
kein laut
verletzt
mein innen
ohr hört
auf das zwischen
deiner zeilen
welche immer
wieder wispern
.
aufhören
.
wir
nicht
.
.
(©IW, 2019)
trunken
Ein Bad
lassen sich
zwei ein
gemeinsam
gegen den Strom
zu schwimmen
tunken die Münder
in Achtsamkeit
wickeln sich
bebend
um den Finger
fortgespült
vom Gesang der Sirenen
ertrinken sie bunt
in den Klangfarben
der Synästhesie.
(©IW, 2018)
Neumond
Wenn
der Mond sich erholt
vom Zu und Ab
er ab und zu
ganz selbstvergessen
lichtbadet im Strandkorb
windschattig vor dem Irdischen
wenn
eine solche Nacht
kopflos kaum mehr
die Hand vor Augen sieht
dann suche ich
die Nähe der Salinen.
Ihr Schachbrett bettet sich
in eine Meeresbucht und
atmet noch und noch
das Salz aus deinem Schoß
auf meinen Mund;
matt setztest du mich
spielend
verspielt glänzte an dir
der Duft deiner Haut
wie Lorbeer
siegen lag dir
ich verlor gern für dich
meine Dame
war bis zuletzt
ein König in deiner Hand.
(©IW, 2018)
Nachbarschaft
Nachbarschattig ruht dein Innenhof
bebeetet um und um durch hohe Hecken
Schutzraum für Braunellen sagst du
mehr für dich meine ich
nichts sagend.
Pfingstrosen sind dir heilig aber
ohne heiligen Geist
erblühen sie
jedes Jahr unser Gemüt
in meinem Garten;
nie rühren wir sie an
uns auch nicht.
Heute dann quillt ihre
verschwenderische Fülle
verwegen in deiner Vase;
lässt sie sich fallen
schmiege ich mich
auf ihrem Blütenteppich
an deine Vorsicht
ohne dein Wissen. Demnächst.
(©IW, 2018)
Bildergeschichten (Fotografien)
Selbst.Bild
Mit jeder Faser deines Körpers
bittest du mich inständig
jeden Tag erneut
dir zu helfen,
das Bild aufzuhängen,
das du dir von dir gemacht hast;
an optimal beleuchteter Stelle,
die nie optimal genug ist,
um es ausreichend bewundern zu können,
findest du empört.
Allzu lang schon
trage ich Glacéhandschuhe,
damit dein hauchdünner Firnis
nicht einen einzigen Riss bekommt.
Keine externe Lichtquelle wäre in der Lage,
die zutage tretende Wahrheit zu erhellen.
Morgen werde ich die Handschuhe ablegen
und dir mit bloßen Händen begegnen.
Vielleicht spürst du ja ihre Wärme
in der Dunkelheit.
(©IW, 2017)
stille Post
Mein Brief an dich
heute geschrieben für ein Morgen
ohne Erinnerung daran,
dass mein Vater dein Sohn ist.
Dann am Telefon zu mir -
dir Fremden -
kein Wort mehr, unheimlich
sogar das Vertraute.
Mein Brief an dich,
in dem du wirst lesen können,
dass ein Sofa und zwei Tassen Tee
uns beiden einst genügten,
ewiger Raum ohne Zeit zu sein.
(©IW, 2017)
________________________
ohne. für immer.
Unfair zu hoffen, jeder möge so sein wie SIE!
Jeder hat das Recht auf sein eigenes ICH.
Auch ich.
Aber was nützt es mir,
da ich nicht ICH sein will ohne SIE
für immer.
(©IW, 2017)
nahtlos
Unermüdlich leichtfüßige
Gedankenspaziergänge ineinander
über alle Grenzen hinaus
nahtlose Ideengewebe
verflochten
ohne zu verheddern -
wir dachten uns
niemals aneinander satt.
Meine Erinnerung
endet nur
zusammen mit mir
irgendwann.
(©IW, 2017)
Tagesanbruch
Von Regenrinnen
schmettern mir Amseln
ihre Begrüßung entgegen,
ein wenig zu fröhlich,
zu aufdringlich.
Möchte lieber weiter
durch die Nacht streifen
mit dir im Arm;
dein rotlippiges Lachen
träufelt sich unter meine Haut.
Im ernüchternden Morgenlicht
finde ich nur meine Träume
zwischen zerwühlten Laken.
(©IW, 2017)
heute
Trug dich mit Leichtigkeit
auf Händen und
über die Schwelle
unserer Gegenwart
in die Zukunft – damals.
Heute
wiegt das Weiterleben
schwer wie Blei
auf meinen Schultern
über meinen leeren Händen.
(©IW, 2017)
der Koffer
Am Kai
herrenlos
inmitten von Winkenden
ein Koffer voller Sätze
die gängigen
schon abgewetzt zuoberst
darunter die jungfräulichen
ein wenig zerknittert
doch wen stört das schon;
am Kai
ein Koffer
zurückgelassen
- gelassen -
ohne Blick zurück auf das
was hätte sein können
und die letzte Fähre des Tages hat abgelegt.
(©IW, 2017)
Schneesturm
Ein Schneesturm schreit durch den Kamin,
bringt Asche auf meinem Haupt durcheinander.
Wo böte Feuer ihm Paroli? Irgendwann
legtest du kein Holz mehr nach.
Jetzt frösteln Eisblumen auf meiner Haut,
jedes ihrer Kristalle krallt sich an mir fest.
Erfrorener Frühling
unter einer hilflosen Wolljacke.
Du warst mir näher als mein eigenes Hemd.
Schüttle dich nicht so einfach aus dem Ärmel –
wie du glaubst.
(©IW, 2017)
unfassbar
Mein Himmel staunt
kann nicht fassen
was er halten soll
Überfluss ergießt sich
über deine Ebene
pralle(n) Tropfen
auf den heißen Stein
in spröden Ritzen
Hitze wundrissig
die Steppe blüht hier nicht.
-
Leer starrt der Himmel
über das Land.
(©IW, 2017)
Vollmondnacht
ganz steigt mir der Mond heut' auf's Dach
schlafwandle durch deine Innenräume
stoße an die Kühle deiner Nacht
auch an meine Grenzen
das Käuzchen ruft nach mir
hinter offenen Fenstern
das einzige Licht
vollkommener Mond
träume mich fort dorthin
ohne böses Erwachen
(©IW, 2017)
Manège frei.
Ich lege mich
ins Zeug
mir Zaumzeug
um mich
einzureiten
dich nicht
reinzureiten
führe ich mich
am Henkel als die
Zügel.los.gehen
bricht er ab
und mit ihm
edles Porzellan
ent - zwei
manège frei
ma neige
mein Schnee.
(©IW, 2018)
kommunistische Idee
Niemals
darf sie
dich haben
zu viel Besitz
ergreift er
greift um sich
raubt mehr
als räumlich.
Ergäbe
es sich
dich ihr hin
zu geben
und sei es
nur einmal
sie enteignete
sich
sofort.
(©IW, 2018)